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"Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, ist nicht tot. Er ist nur fern. Tot ist nur, wer vergessen wird."Immanuel Kant

Auf See wurden bis ins frühe 20. Jahrhundert fast ausschließlich Personen bestattet, die an Bord verstarben und für die eine Beisetzung des Leichnams an Land nicht praktikabel erschien. Auch Seuchenschutzgründe spielten dabei eine Rolle. Historische Beispiele sind die Seebestattungen von Sir Francis Drake und James Cook. Nach Seeschlachten übergab man die Toten häufig dem Meer, und auch auf See gefundene Leichen von Opfern von Schiffsunglücken (etwa dem Untergang der RMS Titanic) wurden so bestattet. In Einzelfällen wurden – und werden nach wie vor – auch die Särge von an Land verstorbenen Seeleuten dem Meer übergeben, was besonders für Angehörige der Marine als eine ehrenvolle Form der Bestattung gilt und mit entsprechendem militärischen Zeremoniell vorgenommen wird.

Voraussetzungen

In Deutschland ist es seit 1934 möglich, statt einer Friedhofsbestattung eine Seebestattung vorzunehmen. Dafür wird die Asche in einer speziellen Seeurne üblicherweise im Bereich des Küstenmeeres (speziell eingezeichnete Seegebiete in Seekarten) in der Regel über „rauem Grund“ nach den seemännischen Bräuchen dem Meer übergeben. Der Kapitän spricht dabei die Trauerrede. Mit „rauem Grund“ sind Gebiete gemeint, in denen nicht gefischt oder Wassersport getrieben wird. Möglichkeiten bestehen hierfür nahezu in jedem Meer, von Deutschland aus vorwiegend in der Nord- und Ostsee, aber auch im Atlantik oder im Mittelmeer.

Ablauf einer Seebestattung heute

Am Heimatort des Verstorbenen findet eine übliche Trauerfeier mit anschließender Einäscherung statt. Der Bestatter überführt oder übersendet die Krematoriumsurne meist mit einem Paketdienst an eine Seebestattungsreederei. Dort wird die Asche in eine Seebestattungsurne aus auflösbarem Material umgefüllt. Die Angehörigen haben die Wahl, ob sie an der Bestattung der Urne auf hoher See teilnehmen möchten oder nicht. Bei der Teilnahme von Angehörigen wird der Vorgang „begleitete Seebestattung“ genannt, andernfalls „stille Seebestattung“. Bei einer stillen Seebestattung werden mehrere Urnen bei einer Bestattungsfahrt dem Meer übergeben. Nehmen die Angehörigen teil, wird nur die Urne des Verstorbenen, dessen Angehörige an Bord sind, mit auf See genommen, und Kapitän wie Besatzung nehmen die Bestattung als Zeichen der Würdigung des Verstorbenen in Marineuniform vor. Ein Hissen der Flagge, musikalische Untermalung (Nationalhymne oder Trauermusik) und das Blasen der Bootsmannspfeife sind oft begleitende Rituale. Nach einer kurzen Ansprache wird die Urne an einem Tampen (Schiffstau) dem Meer übergeben. Da das Übergeben von Kränzen mit Schleifen und Blumengebinden nicht erlaubt ist, werden meist einzelne Blumen oder Blütenblätter als Letzter Gruß auf das Seegrab gestreut. Ein nach speziellen Vorgaben vom Floristen gefertigter kleiner Kranz kann zur Markierung des Seegrabes verwendet werden, während das Schiff eine Ehrenrunde um das Seegrab fährt und sich mit drei Signaltönen von der Bestattungsposition verabschiedet.

Trauerbewältigung

Einige Hinterbliebene vermissen das Grab als einen örtlichen Bezugspunkt. Befürworter der Seebestattung sehen das Wasser als allgegenwärtiges und immer erreichbares Medium (Lebenselixier), das es Hinterbliebenen gestattet, allerorts mit der Trauer und dem Gedenken umzugehen. Deshalb finden Trauerfahrten zu den Beisetzungsplätzen in Nord- und Ostsee statt. An vielen Orten gibt es Gedenkstätten an Land wie in Lübeck-Travemünde am Brodtener Ufer oder in Wilhelmshaven mit der „Erinnerungsstätte Seefrieden“ am Rüstringer Berg (Deich), auch finden Sammelgedenkfeiern beispielsweise am Marine-Denkmal in Laboe statt. Einige Seebestattungsreedereien bieten, meist nach vorheriger Anmeldung, Fahrten zu den Koordinaten einer vorherigen Seebestattung an, wo Gelegenheit zur Andacht vor Ort ist. Es empfiehlt sich vor der Entscheidung für eine Seebestattungsreederei nach Möglichkeiten und Kosten einer Gedenkfahrt zu fragen, regelmäßige und kostengünstige Besuche des Seegrabes stehen für Verständnis und Solidität.